Wie bedrohlich ist die geheime Schattenflotte von Putin?
Ein manövrierunfähiger Tanker treibt nördlich von Rügen in der Ostsee. Laut dem Havariekommando enthält das Schiff etwa 99.000 Tonnen Öl.
Es handelt sich um den Tanker „Eventin“, der unter der Flagge Panamas fährt. Das 248 Meter lange Schiff hatte im russischen Ostsee-Hafen Ust-Luga an der Grenze zu Estland Öl aufgenommen und am 6. Januar die Fahrt aufgenommen. Als Ziel war Port Said in Ägypten angegeben.
Dieser Tanker könnte Teil von Putins geheimer Schattenflotte sein – einer Flotte von veralteten Schiffen, die das Öl des russischen Kreml-Regimes aus Russland in andere Länder transportieren, um dringend benötigte Devisen zu erwirtschaften. Berichten zufolge soll das Schiff von einem russischen Kriegsschiff begleitet worden sein.
In sicherheitsrelevanten Kreisen wird die hybride Bedrohungslage ernst genommen. Die Situation in der Ostsee wird derzeit intensiv beobachtet.
Die geheime Schattenflotte von Russland
Schätzungen zufolge umfasst die sogenannte Schattenflotte bis zu 600 Schiffe. Rund ein Drittel dieser Schiffe gehört der russischen Staatsreederei Sovcomflot. Viele weitere Schiffe fahren unter Flags von Staaten wie Panama, Liberia oder Gabun. Die meisten Tanker sind mehr als 15 Jahre alt und weisen oft unklare Eigentumsverhältnisse sowie unzureichende Versicherungsnachweise auf. Erst im November forderten EU-Abgeordnete strengere Sanktionen gegen diese Schiffe.
Gefährliche Methoden auf hoher See
Um die Herkunft des Öls zu verschleiern, bedient sich Russland einer Reihe riskanter und undurchsichtiger Methoden:
▶ Ölumladung auf offener See: Dabei wird russisches Öl mit anderen Lieferungen vermischt, was die Herkunft des Rohstoffs verschleiert.
▶ Häufiger Besitzerwechsel: Die wahre Eigentümerschaft dieser Schiffe bleibt häufig im Dunkeln.
▶ Flaggen-Hopping: Ein ständig wechselnder Flaggenstaat, etwa von Panama auf Gabun, hilft dabei, Sanktionen zu umgehen und die Spur zu verwischen.

Umweltgefahren im Fokus
Sowohl Umweltschützer als auch Anrainerstaaten der Ostsee schlagen Alarm. Experten warnen vor den gravierenden Konsequenzen, die ein Unfall mit den veralteten und oftmals technisch nicht ausreichend ausgestatteten Schiffen nach sich ziehen könnte.
Greenpeace hebt besonders die Kadetrinne in der Mecklenburger Bucht als möglichen Ort einer verheerenden Ölkatastrophe hervor. Besorgniserregend ist zudem, dass viele dieser Schiffe nicht genügend versichert sind. Im Falle eines Unfalls müssten die betroffenen Staaten voraussichtlich selbst für die entstehenden Kosten aufkommen.
Die EU setzt sich mit zusätzlichen Sanktionsmaßnahmen dafür ein, die sogenannte „Schattenflotte“ zu bekämpfen. Geplante Schritte umfassen unter anderem die Aufnahme bestimmter Schiffe und ihrer Betreiber in Sanktionslisten. Bislang sind diese Bemühungen jedoch wenig erfolgreich.