Krankschreibungen: So erkennen Ärzte, ob jemand simuliert

In Deutschland sind fast 7 Millionen Menschen von Grippe, Erkältungen oder Corona betroffen. Doch wie können Ärzte erkennen, ob jemand tatsächlich krank ist oder nur simuliert? Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und der Schweizer Hausarzt Stephan Steiner teilen ihre Erfahrungen und erläutern, wie sie sogenannte „Drückeberger“ entlarven.

Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth (55), Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands sowie niedergelassene Hausärztin in Pforzheim, spricht im Interview darüber, wie sie erkennt, wenn jemand bei der Krankschreibung mogelt – und welche Maßnahmen sie ergreift. Auch der Schweizer Hausarzt Stephan Steiner (46) erklärt gegenüber dem Portal „20Minuten“, welche Gründe eine Krankschreibung rechtfertigen – und welche nicht.

Beruf und Krankschreibung: Welche Unterschiede es gibt

Heutzutage gibt es keine allgemeine Tendenz, dass Menschen schneller krankgeschrieben werden als früher“, erklärt Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth. „Eine Krankschreibung ist vor allem eine Frage der Arbeitsfähigkeit, die stark vom jeweiligen Beruf abhängt. So kann man mit einem verstauchten Knöchel durchaus ins Büro gehen, aber sicherlich nicht auf dem Dach arbeiten“, führt die Hausärztin aus. Bei Infektionen wie einem Norovirus sei es hingegen wichtig, sofort eine Auszeit zu nehmen. Bei vielen anderen Erkrankungen hingegen hänge die Entscheidung von der individuellen Situation ab.

Psychische Erkrankungen sind häufige Ursachen für Krankschreibungen, fügt Stephan Steiner hinzu. „Es gibt zahlreiche private Belastungen und Herausforderungen, die zu einer psychischen Erschöpfung führen können, sodass eine vorübergehende Krankschreibung durchaus gerechtfertigt ist.“

Was ist, wenn ein Patient vorgibt, krank zu sein? „Dass Menschen absichtlich lügen, nur um auf der Couch zu bleiben, ist eine absolute Seltenheit“, betont die Ärztin. „Natürlich muss ich grundsätzlich auf die Angaben der Patienten vertrauen. Aber in der Regel kenne ich meine Patienten über Jahre hinweg und merke, wenn etwas nicht stimmt.“ Daher unterstützt sie auch die telefonische Krankschreibung – allerdings sollte diese Option den Hausärzten vorbehalten bleiben.

Die Herausforderung, Kopfschmerzen und Müdigkeit nachzuweisen

ändere mir den Text: Misstrauisch werde sie etwa, wenn jemand mehrfach in kurzer Zeit mit nächtlichen Magen-Darm-Beschwerden krankgeschrieben werden möchte. „Auch Kopfschmerzen, die immer pünktlich montagmorgens auftreten, sind etwas, bei dem ich schon einmal streng über die Brille schaue: Fieber kann ich messen, Schmerzen nicht“, sagt sie. Doch auch in diesem Fall gebe es Möglichkeiten, die Aussage zu überprüfen: „Wer Schmerzen hat, hat häufig einen erhöhten Blutdruck oder die Pupillen weiten sich.“

Auch Steiner nennt ein paar Anzeichen: „Verdachtsfälle gibt es etwa bei Menschen, die gehäuft mit Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel sowie Erkältungen vorbeikommen. Solche Symptome lassen sich im Labor oder apparativ nicht objektiv nachweisen.“ Eine Checkliste oder konkrete „Fangfragen“, um Schummler zu entlarven, gibt es allerdings nicht.

„Ich sage dann auch klar, dass wir nicht einfach Krankschreibungen ausstellen und frage, was denn wirklich los ist“, sagt Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth. In jedem Fall suche sie das Gespräch. „Dann finden wir in der Regel den wahren Grund heraus. Es ist eine positive Entwicklung, dass mit psychischen Erkrankungen offener umgegangen wird – diese Krankheiten nehmen auch deutlich zu.“