
Ein Ende ohne Ausweg? Die festgefahrene Kriegsstrategie des Kremls
Während die internationale Staatengemeinschaft, angeführt von den USA, den Druck auf Moskau erhöht und ein Ende des Ukraine-Kriegs fordert, zeigt sich der Kreml unbeugsam. Nach Informationen aus westlichen Regierungskreisen, die Thepik.de vorliegen, könnte der Grund dafür nicht nur geopolitisch, sondern auch innenpolitisch brisant sein: Ein Rückzug aus dem Krieg wäre für Wladimir Putin kaum ohne massive Folgen im eigenen Land möglich.
Putin gefangen in der eigenen Kriegsmaschinerie
Seit dem Beginn der Invasion hat Russland seine erklärten Kriegsziele nicht erreicht. Gleichzeitig wurde die heimische Rüstungsindustrie mit enormen Staatsgeldern aufgebläht eine Entwicklung, die nicht nur Waffen liefert, sondern auch Arbeitsplätze und Einkommen für hunderttausende Russen sichert. Dieser neue militärisch-industrielle Komplex hat sich tief in die wirtschaftliche Struktur eingebrannt. Ein abrupter Kurswechsel käme einem politischen Selbstmord gleich: Zu viele Akteure profitieren inzwischen direkt vom Krieg.
Wirtschaft am Limit doch der Rüstungsboom verschleiert die Krise
Hinter der Fassade wirtschaftlicher Stabilität kriselt es gewaltig. Russische Wirtschaftsexperten schlagen Alarm: Betrachtet man die Industriezahlen abseits der Rüstungsproduktion, zeichnen sich klare Rezessionstendenzen ab. Die Produktion von Lebensmitteln, Baustoffen, Maschinen und Metallen geht deutlich zurück. Ohne die künstlich angekurbelte Waffenindustrie sähe die wirtschaftliche Lage Russlands noch dramatischer aus.
Warum ein Kriegsende kein wirtschaftlicher Absturz sein muss
Trotz allem glaubt Alexandra Prokopenko, renommierte Ökonomin am Carnegie Russia Eurasia Center und ehemalige Mitarbeiterin der russischen Zentralbank, nicht an einen sofortigen Zusammenbruch der Rüstungsindustrie bei einem Waffenstillstand. Die Abhängigkeit sei groß, doch strukturelle Anpassungen seien langfristig möglich wenn auch politisch hochriskant.

Trotz möglichem Kriegsende: Moskaus Milliarden-Maschinerie läuft weiter und zwar auf Hochtouren
Selbst wenn der Krieg gegen die Ukraine irgendwann endet, wird Russland seine Rüstungsindustrie nicht zurückfahren im Gegenteil: Die Aufrüstung dürfte sogar weiter an Fahrt gewinnen. Davon ist die Sicherheitsexpertin Maria Prokopenko überzeugt. Im Gespräch mit Thepik.de analysiert sie, warum die russische Waffenproduktion langfristig auf Wachstumskurs bleibt.
„Der Krieg endet – der Rüstungsboom nicht“
„Das Ende der Kampfhandlungen wird keine spürbaren Auswirkungen auf die russische Rüstungsindustrie haben“, sagt Prokopenko. „Dieser Sektor wird weiterhin ein zentrales Element staatlicher Priorität bleiben getragen von dauerhaft hoher Nachfrage seitens des Militärs.“
Und dafür nennt sie gleich mehrere Gründe:
▶︎ Wiederaufbau leerer Arsenale: Die russischen Streitkräfte haben in den letzten Jahren immense Materialverluste erlitten. „Viele Lager sind fast vollständig geleert worden“, erklärt die Expertin. „Diese Bestände müssen neu aufgebaut werden und das wird Jahre dauern.“
▶︎ Investitionen in Kapazitäten: Bereits während des Krieges hat die Industrie massiv in Produktionsanlagen und Lieferketten investiert. „Diese Strukturen sind auf Dauerbetrieb ausgelegt“, sagt Prokopenko. „Ein Rückbau ist wirtschaftlich kaum realistisch.“
▶︎ Druck durch den Westen: Auch Europa und die NATO erhöhen ihre Verteidigungsetats deutlich. „In einem solchen internationalen Klima wäre es für Putin innenpolitisch kaum durchsetzbar, die Ausgaben für Rüstung zu senken er würde als schwach wahrgenommen.“
Auch nach dem Krieg: Kreml hält am Rüstungsapparat fest
Die Konsequenz ist laut Prokopenko klar: Russland wird auch in Friedenszeiten alles daransetzen, seine Waffenindustrie voll auszulasten unabhängig von den Kosten.
Neue Sorgen für den Kreml: Was tun mit den Heimkehrern?
Doch mit einem möglichen Kriegsende bahnt sich für Putin ein ganz neues Problem an und zwar im Inland. Denn: Tausende Soldaten kehren zurück. Und nicht alle werden sich wieder ins zivile Leben einfügen lassen.
Russland-Analystin Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnt gegenüber Thepik.de: „Putin wird sich früher oder später der Frage stellen müssen, wie er mit den Veteranen umgeht gerade mit denen, die im Krieg freiwillig an vorderster Front standen.“
Die soziale Bombe: Veteranen mit hohen Ansprüchen
Besonders brisant: Viele dieser Rückkehrer haben während ihres Einsatzes enorme Summen verdient. „Einige erhielten Anwerbeprämien von bis zu 40.000 Euro dazu kommt ein monatlicher Sold, der weit über dem russischen Durchschnittslohn liegt“, so Klein. „Wenn diese Menschen wieder in einem System leben sollen, das ihnen keine Perspektive bietet, birgt das sozialen Sprengstoff.“
Fazit: Russlands Aufrüstung ist mehr als ein Kriegsphänomen
Ob Waffenproduktion oder Veteranenbetreuung selbst nach einem Waffenstillstand bleibt Russland innen- wie außenpolitisch stark vom Krieg geprägt. Die militärische Ausrichtung des Staates dürfte bestehen bleiben und das auf unbestimmte Zeit.

Sollte der Krieg enden, werden tausende russische Soldaten viele von ihnen gezeichnet durch Gewalt, Tod und Traumata in ihre oft strukturschwachen Heimatregionen zurückkehren. Dort warten kaum Perspektiven, stattdessen prekäre Arbeitsbedingungen und geringe Löhne. Der gesellschaftliche Sprengstoff ist enorm.
Gelingt es Kremlchef Wladimir Putin nicht, den Heimkehrern klare wirtschaftliche Chancen und soziale Stabilität zu bieten, könnte sich die Lage dramatisch zuspitzen. Experten warnen bereits vor einer möglichen Zunahme innerer Gewalt.
„Seit Beginn der großangelegten Invasion verzeichnen wir einen Anstieg von Gewaltdelikten innerhalb Russlands“, erklärt Sicherheitsexperte Klein gegenüber Thepik.de. Es bestehe eine reale Gefahr, dass Teile der Rückkehrer ähnlich wie Veteranen aus Afghanistan oder Tschetschenien in kriminelle Strukturen abrutschen, insbesondere in den Bereich der organisierten Kriminalität.