Giftgrüner Kollaps: Ostsee droht im Algen-Schleim zu versinken!

Fast poetisch wirkt der grünlich schimmernde Schleier, der sich durch die Strömungen des Kleinen Belts in Dänemark zieht, doch hinter dieser zarten Fassade verbirgt sich eine ökologische Katastrophe.

„Es fühlt sich an, als würde man in einen nassen Wattebausch tauchen“, beschreibt ein Taucher die Szenerie unter der Wasseroberfläche. Was auf den ersten Blick harmlos erscheint, entpuppt sich als tödliches Problem: eine dichte Schicht aus Braunalgen, die weite Teile der Ostsee überwuchert.

Unter dieser klebrigen Masse: nichts als lebloser Sand. Der Meeresboden ist erstickt keine Fische, keine Pflanzen, kein Leben mehr. Eine Zone des Schweigens, ausgelöscht von einem massenhaften Algenwachstum, das das empfindliche Ökosystem ins Wanken bringt.

„Wenn man auftaucht, sieht man aus wie der Weihnachtsmann“, sagt Taucher Rasmussen nicht ohne bitteren Unterton. Die schleimigen Algen setzen sich überall fest: an Anzügen, Atemgeräten, Kameras. Sie sind allgegenwärtig und sie breiten sich weiter aus.

Braunalgen-Plage auch an deutschen Küsten

Das Problem macht nicht an Landesgrenzen halt auch vor Deutschlands Ostseeküste ist das Algenwachstum längst zur Realität geworden. Prof. Ulf Karsten vom Institut für Biowissenschaften an der Universität Rostock bestätigt:

„Vor Warnemünde beobachten wir im späten Winter und frühen Frühjahr regelmäßig eine starke Zunahme von Algenbiomasse, die anschließend an den Strand gespült wird“, so der Experte.

Die Ursachen dafür liegen laut Karsten in einem Zusammenspiel aus steigenden Nährstoffeinträgen, veränderten Strömungsverhältnissen und der Erwärmung des Wassers ein gefährlicher Cocktail für die Ostsee.

„Das Phänomen wird durch die Erwärmung des Meerwassers im Zuge des Klimawandels sowie durch eine zu hohe Nährstoffbelastung in der Ostsee begünstigt“, erklärt Prof. Ulf Karsten.

Konkret handelt es sich bei der sichtbaren Algenmasse um fadenförmige Braunalgen, die sich normalerweise an Hartsubstraten wie Felsen oder Muschelbänken festsetzen. Nach Stürmen werden sie vom Untergrund gelöst und treiben frei im Wasser.

Die Folge: Durch die Kombination aus steigenden Wassertemperaturen und einem Überangebot an Nährstoffen wachsen die Algen in rasantem Tempo eine regelrechte Massenvermehrung setzt ein.

Die unsichtbare Gefahr: Warum die Ostsee im Sommer erstickt

Die eigentliche Ursache liegt an Land. Jedes Jahr spülen starke Regenfälle große Mengen an Düngemitteln von landwirtschaftlichen Flächen in Bäche und Flüsse  und von dort weiter in die Ostsee. Was auf dem Acker das Pflanzenwachstum ankurbelt, wirkt im Meer wie ein Nährstoff-Turbo für Algen.

Die Folge: In den Sommermonaten breiten sich riesige, übel riechende Algenteppiche aus, die dem Wasser lebenswichtigen Sauerstoff entziehen. Zurück bleibt eine erstickende Meereswelt.

Im Limfjord, ganz im Norden Dänemarks, sind laut Meeresbiologe Rasmussen bereits kilometerlange Areale vollständig leblos. Der Meeresboden ist dort mit fauliger, schwarzer Biomasse bedeckt ein Zeichen ökologischen Kollapses.

Die dänische Regierung reagiert mit strengeren Düngevorgaben, doch Experten warnen: Die Erholung der Ostsee wird Jahre dauern. Es braucht konsequenten Schutz und vor allem Geduld.

Rasmussens beeindruckende Unterwasseraufnahmen zeigen eine scheinbar märchenhafte Welt in grünem Schimmer. Doch hinter der Schönheit verbirgt sich ein dramatischer Befund: Das stille Sterben einer ganzen Meeresregion.