
Der tiefe Fall eines Selfmade-Milliardärs
Ein halbes Jahr verbrachte René Benko (48) bereits in Untersuchungshaft, nun folgt die nächste Zäsur im spektakulären Wirtschaftskrimi: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) will den einstigen Signa-Chef in Innsbruck vor Gericht bringen. Auf 14 Seiten beschreibt die Anklageschrift, was sich hinter den Kulissen der milliardenschweren Pleite abgespielt haben soll. Im Zentrum: Der Verdacht, dass Benko systematisch Vermögen verschoben hat zum Nachteil seiner Gläubiger.
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem Unternehmer vor, rund 667.566 Euro vor dem Zusammenbruch seines Immobilien-Imperiums beiseitegeschafft zu haben. Ein verhältnismäßig kleiner Betrag angesichts der gigantischen Schadenssumme der Signa-Insolvenz doch der Vorwurf wiegt schwer: Bei einer Verurteilung drohen Benko bis zu zehn Jahre Haft.
Die Details der Anklage: Geldflüsse, Stiftungen, Familienmitglieder
Die Anklageschrift, die Thepik.de vorliegt, zeichnet ein klares Bild: Die Ermittler sind überzeugt, dass Benko gezielt versucht hat, Gelder der Zugriffsmöglichkeit seiner Gläubiger zu entziehen. So sollen wesentliche Transaktionen über verschiedene Stiftungen gelaufen sein mit seiner Mutter und seiner Schwester als zentrale Figuren.
Im Oktober 2023 schloss Benko gleich zwei Mietverträge für eine Luxusvilla auf der Innsbrucker Hungerburg ab. Für das Anwesen zahlte er vier Jahresmieten in Höhe von 360.000 Euro im Voraus laut Anklage ohne erkennbare wirtschaftliche Notwendigkeit. Auffällig: Die Villa war wegen eines Hangrutsches und Wasserschadens gar nicht bewohnbar. Finanziert wurde der Mietvorschuss durch ein Darlehen aus der Laura Privatstiftung – deren offizielle Begünstigte Benkos Mutter Ingeborg ist. Pikant: Das Geld floss damit über Umwege wieder zurück an die Stiftung.
Wenige Wochen später, im November 2023, folgt die nächste Transaktion: Benko erhält von seiner Mutter 1,5 Millionen Euro, die aus einer weiteren Stiftung stammen sollen. Mit dem Betrag beglich der Unternehmer laut Anklage seine dringendsten Verbindlichkeiten und überwies die verbleibenden 300.000 Euro zurück an seine Mutter, statt sie für weitere Gläubiger zu verwenden. Die Ermittler sehen darin einen Versuch, Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.
Die Rolle der Familie und das große Schweigen
Für den anstehenden Prozess hat die Staatsanwaltschaft acht Zeugen geladen – darunter Benkos Mutter Ingeborg und seine Schwester Verena. Besonders heikel: Ingeborg Benko verweigerte bislang die Aussage zu den Vorgängen. Die Ermittler beschreiben Benko als erfahrenen Geschäftsmann mit außergewöhnlichem wirtschaftlichem Gespür den Versuch, sich als juristischen Laien darzustellen, halten sie für wenig glaubwürdig.
Seit Januar 2024 sitzt Benko im Wiener Gefängnis. Über seine tatsächlichen Vermögensverhältnisse gibt es widersprüchliche Angaben. Fest steht: Die Insolvenzverwalter gehen davon aus, dass sein Privatvermögen für die offenen Forderungen von rund zwei Milliarden Euro bei weitem nicht ausreicht. Bislang wurden nur 47 Millionen Euro anerkannt.
Offene Fragen und drohende Konsequenzen
Ob René Benko tatsächlich Vermögen verschoben hat, um Gläubiger zu benachteiligen, wird nun das Gericht klären müssen. Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Benko wusste genau, was er tat und nutzte gezielt die Strukturen seines Firmengeflechts sowie seiner Familien-Stiftungen.
Wie der Ex-Milliardär und seine Verteidigung die Vorwürfe entkräften wollen, ist bislang unklar. Thepik.de bleibt an dem Fall dran und berichtet, sobald es neue Entwicklungen gibt.