
Düsseldorf Sie wohnen in luxuriösen Apartments, jetten um die Welt und zeigen sich in High-End-Mode. Doch hinter der schillernden Social-Media-Fassade zahlreicher Influencer wird es ernst: Die Steuerfahndung nimmt deutsche Netz-Stars ins Visier. Allein in NRW geht es um geschätzte 300 Millionen Euro. Was erwartet Influencer, die ihre Einnahmen nicht korrekt versteuert haben?
Philipp Schiml, Experte für Steuerstrafrecht, gegenüber Thepik: „Wer Einnahmen nicht ordnungsgemäß in Deutschland versteuert, obwohl er dazu verpflichtet ist, begeht bei vorsätzlichem Handeln eine Steuerhinterziehung und das bereits ab dem ersten Euro.“

Selbst wenn kein Geld fließt – etwa bei gesponserten Luxusreisen, bei denen Influencer kostenlos in einem Hotel wohnen und im Gegenzug Inhalte auf Instagram veröffentlichen, entsteht ein geldwerter Vorteil, der steuerpflichtig ist.
Bis zu zehn Jahre Haft möglich
Paragraf 370 der Abgabenordnung (AO) definiert, wann eine Steuerhinterziehung vorliegt darauf verweist auch das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF) in NRW gegenüber Thepik. Wer gegenüber dem Finanzamt „unrichtige oder unvollständige Angaben“ macht, riskiert Geldstrafen oder Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren. Bei besonders schweren Fällen drohen sogar bis zu zehn Jahre Haft. Diese liegen vor allem dann vor, wenn es um hohe Summen, gefälschte Unterlagen, Machtmissbrauch oder organisierte Gruppen geht.
Steuerexperte Philipp Schiml gegenüber Thepik: „Ab einem Schaden von 50.000 Euro spricht man in der Regel von einem besonders schweren Fall.“ Genau auf solche Fälle konzentrieren sich die aktuellen Ermittlungen: „Im Fokus stehen professionelle Influencer, die ihre steuerlichen Pflichten mit erheblicher krimineller Energie umgehen“, so das LBF. Durchschnittlich geht es dabei um hohe fünfstellige Fehlbeträge in Einzelfällen sogar um Millionen.
Auslandstricks gelten nicht vor deutschem Recht
Auch Influencer mit Wohnsitz in Dubai, die weiterhin in Deutschland steuerpflichtig sind, geraten ins Visier. Denn: Steuervergehen bleiben nach deutschem Recht auch dann strafbar, wenn sie aus dem Ausland begangen werden.

Entscheidend sei die Frage: „Bin ich steuerlich wirklich vollständig im Ausland ansässig – oder habe ich noch eine Wohnung, einen gewöhnlichen Aufenthalt oder andere Verbindungen nach Deutschland?“, erklärt Steuerexpertin Anne Schäfer.
Selbstanzeige kann Strafe verhindern
Die Behörden gehen konsequent gegen Verstöße vor. „Wer feststellt, dass er seine Steuern nicht korrekt angegeben hat, sollte schnell handeln und sich rechtlich beraten lassen. Eine rechtzeitig abgegebene und vollständige Selbstanzeige kann unter Umständen eine Strafverfolgung verhindern“, so Philipp Schiml. Voraussetzung: Die Anzeige erfolgt, bevor ein Verfahren eingeleitet wurde – und die ausstehenden Steuern samt Zinsen werden vollständig nachgezahlt.

Philipp Schiml ist Spezialist für Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht bei KPMG Law und gehört laut WirtschaftsWoche (2024) zu den führenden Experten im Steuerstrafrecht.
Seit über zehn Jahren unterstützt er Unternehmen, Führungskräfte und Privatpersonen bei sensiblen steuerrechtlichen Fragestellungen von Selbstanzeigen und Nacherklärungen bis hin zu Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Verteidigung gegenüber Finanz- und Strafbehörden sowie auf internen Untersuchungen im Bereich Compliance.
Schiml ist seit 2011 Teil von KPMG Law, im selben Jahr wurde er zur Anwaltschaft zugelassen. Seit 2015 ist er zudem Fachanwalt für Steuerrecht.