Europa übernimmt das Thema Sicherheit und militärische Abschreckung schneller als erwartet in die eigene Hand. Frankreich spielt dabei eine zentrale Rolle und soll laut einem Medienbericht bereit sein, Atom-Bomber in Deutschland zu stationieren.
Die Situation ist besorgniserregend: Deutschland ist aufgrund jahrelanger Unterfinanzierung der Bundeswehr noch immer nicht vollständig verteidigungsfähig. US-Präsident Donald Trump (78) stellt im Ernstfall offen infrage, ob die Amerikaner zur Hilfe kommen – und verbreitet im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg russische Propaganda. Er gibt Kiew die Schuld für Putins Invasion und strebt nach einem möglichen Friedensdeal an, sich möglichst komplett aus dem europäischen Konflikt herauszuhalten.
Darüber hinaus stimmte Washington gemeinsam mit Russland gegen eine UN-Resolution, die Putins Vorgehen verurteilte und den Rückzug der russischen Truppen forderte.
Was mittelfristig mit den derzeit in Deutschland stationierten US-Kernwaffen (ungefähr 20) geschieht, ist noch unklar. Vor diesem Hintergrund stellt sich erneut eine Frage, die die Atommacht Frankreich schon seit Jahren an ihre Partner richtet, die diese meist ignorieren: Braucht Europa einen eigenen nuklearen Schutzschild?
Merz betont die Bedeutung der „Unabhängigkeit“ von den USA.
Friedrich Merz (69), der Wahlsieger und voraussichtliche nächste Bundeskanzler, brachte am Freitag Gespräche mit den europäischen Atommächten, einschließlich Großbritannien, ins Gespräch, um eine nukleare Teilhabe Deutschlands zu ermöglichen: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Donald Trump das Beistandsversprechen des Nato-Vertrages nicht mehr uneingeschränkt gelten lässt.“
Deshalb setzt er sich für eine europäische „Unabhängigkeit“ von den USA unter Trump ein.
Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) dürfte dieser Vorstoß auf offene Ohren stoßen. Wie der britische „Telegraph“ berichtet, sei Macron bereit, Atomwaffen tragende Kampfjets in Deutschland zu stationieren, um den Kriegstreiber Putin abzuschrecken.
„Die Stationierung einiger französischer Atomjets in Deutschland sollte keine große Hürde darstellen und würde eine klare Botschaft senden“, erklärte ein hochrangiger französischer Beamter.

Atomjets in Deutschland als klare „Botschaft“ an Putin
Frankreich besitzt rund 300 Atomwaffen, die sowohl vom Meer als auch aus der Luft abgefeuert werden können. Diese nukleare Abschreckung funktioniert derzeit unabhängig von der NATO, während die britische Nuklearstrategie ein wesentlicher Bestandteil der Verteidigung des Bündnisses ist.
Die französische Technik wird dabei als teils veraltet und im Vergleich zu der amerikanischen (insbesondere den F-35-Jets) als weit zurückliegend angesehen. Offenbar setzt Frankreich auf europäische Finanzhilfen für die Modernisierung, ist jedoch keinesfalls bereit, die Kontrolle über seine Atomwaffen zu teilen.
Es ist die Woche der Entscheidung
Nach einem Telefonat mit Merz zur Abstimmung traf Macron gestern Donald Trump, um mit dem US-Präsidenten die europäische Strategie und Amerikas zukünftige Rolle zu erörtern. Im Anschluss sprach Macron von einem „Wendepunkt“ im Bestreben nach einer einheitlicheren Herangehensweise.

Noch bevor die 27 EU-Staats- und Regierungschefs am 6. März zu einem Ukraine-Sondergipfel zusammenkommen, wird der britische Premier Keir Starmer (62) im Weißen Haus erwartet. Bereits am Mittwoch wird Macron die EU-Spitzen in einer Videoschalte über die vertraulichen Gespräche mit Trump informieren.
Die Reaktionen aus Berlin auf Macrons Vorstoß dürften vor allem von den Rändern des politischen Spektrums kommen: Forderungen nach einem Verzicht auf neue Atomwaffen auf deutschem Boden und Bedenken, dass Moskau sich provoziert fühlen könnte.
Dabei setzte Putin am Dienstag erneut seine atomwaffenfähigen Tupolew Tu-95-Bomber im Ukraine-Krieg ein, ohne Skrupel.
Manfred Weber (52, CSU), einer der einflussreichsten Politiker der EU und Vorsitzender der Konservativen (EVP) im Europaparlament, bewertet den Macron-Vorstoß positiv. Im Gespräch sagte Weber: „Die neue geopolitische Lage erfordert es, Macrons ausgestreckte Hand zu ergreifen. Die Bundesregierung muss darüber mit Frankreich und allen anderen europäischen Partnern sprechen. Alle Optionen zur Verbesserung der Sicherheit Europas müssen geprüft werden.“