Die Boddenlandschaft rund um Rügen gilt als Paradies für Angler. Hier wurden schon zahlreiche kapitale Hechte gefangen – einige Exemplare erreichten Längen von bis zu 1,20 Metern. Doch solche beeindruckenden Fänge werden zunehmend seltener. Und das nicht nur in dieser Region.
Raubfische immer schwieriger zu fangen Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat in einer aktuellen Studie erforscht, warum die Hechtfänge und deren Größen in den Boddengewässern der Ostsee in den letzten Jahren zurückgehen.
Als Ursachen nennen die Forscher den Klimawandel, eine erhöhte Sterblichkeit durch Kormorane, schwindende Nahrungsquellen und den Verlust von Laichplätzen. Doch nicht nur die kommerzielle Fischerei trägt dazu bei – auch Freizeitangler beeinflussen die Bestände.

Sind Hechte den Anglern überlegen?
Forscher analysierten in drei Bodden-Regionen je ein Schutzgebiet, das für Angler kaum oder gar nicht zugänglich ist, und verglichen es mit einem intensiv befischten Bereich. Dabei wurden die Lebensbedingungen wie Pflanzenbewuchs, Salzgehalt und Wassertiefe so ähnlich wie möglich gehalten.
Durch klassisches Angeln und den Einsatz von Stellnetzen ermittelten die Wissenschaftler die Anzahl und Größe der gefangenen Fische. Philip Roser, Hauptautor der Studie, erklärt: „In den Schutzgebieten lagen die Fangraten durchschnittlich drei- bis viermal höher als in den Vergleichsgebieten.“

Hechte lernen aus Erfahrung: Neue Erkenntnisse aus der Forschung
Eine aktuelle Studie zeigt spannende Ergebnisse: Genau wie Angler beim Fischen dazulernen, scheinen auch die Hechte ihre Strategien anzupassen.
Fischereiwissenschaftler Dr. Robert Arlinghaus erklärt: „Viele der in den Bodden von Anglern gefangenen Hechte werden nach dem Fang wieder freigelassen. Dabei sammeln sie die Erfahrung, dass von Kunstködern oder Booten eine potenzielle Gefahr ausgehen kann.“
„Catch and Release“ – Fangen und Zurücksetzen
Angler sind gesetzlich verpflichtet, Fische, die zu klein sind oder während der Schonzeit gefangen werden, wieder freizulassen. Beim populären Konzept des „Catch and Release“ geht es jedoch darum, gezielt Fische zu fangen, um sie anschließend unversehrt zurückzusetzen. Diese Methode ist in Deutschland umstritten. Angler tragen dabei auch die Verantwortung für einen nachhaltigen Fischbestand. Besonders große Fische werden deshalb häufig zurückgesetzt, um die Population zu schützen.
Vorsichtigeres Beißverhalten bei Hechten
Interessanterweise zeigten die untersuchten Hechte in Schutzgebieten ein höheres Interesse an Kunstködern und bissen häufiger an. Im Gegensatz dazu waren die Hechte in Gebieten mit intensiver Befischung deutlich misstrauischer. Sie inspizierten die Köder oft genau und drehten häufig ab, ohne zu beißen.
Darüber hinaus kam es bei Hechten aus stark beangelten Regionen häufiger vor, dass sie sich nach einem Biss vom Haken lösten. Ihr vorsichtigeres Verhalten zeigte sich darin, dass sie den Köder nicht sofort komplett verschlangen, sondern zurückhaltender agierten.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass auch Fische aus Erfahrung lernen und sich an ihre Umgebung anpassen können. Dies wirft spannende Fragen für die nachhaltige Fischereipraxis auf und zeigt, wie wichtig ein bewusster Umgang mit Fischbeständen ist.
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Dieses Verhalten lässt sich auch auf andere Gewässer mit starkem Angeldruck übertragen. Experte Arlinghaus erklärt gegenüber Thepik.de: „Man kann davon ausgehen, dass dieser Effekt generell zutrifft. Das hilft den Fischen, den Fangdruck zu reduzieren.“ Es gibt also nicht weniger Hechte – sie sind lediglich schwerer zu fangen.
Arlinghaus weiter: „Ähnliche Effekte konnten wir auch bei Karpfen, Forellen und Forellenbarschen beobachten.“
In Mecklenburg-Vorpommern ist nun geplant, ein Entnahmefenster einzuführen, das genau regelt, wann Hechte gefangen werden dürfen. Angler sollen künftig maximal ein Tier pro Tag entnehmen dürfen.
Sinkt der Druck, könnten sich vielleicht auch kapitale Hechte wieder häufiger an den Haken locken lassen.