Das Zerwürfnis zwischen US-Präsident Donald Trump (78) und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (46) ist endgültig – die USA haben ihre Militärhilfe vorerst eingestellt!
Wie geht es nun für die Ukraine weiter? Experten haben dazu ganz unterschiedliche Einschätzungen.
Militärexperte Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München sieht die nächsten Tage kritisch: „Selenskyj wird nach Washington reisen, den Rohstoffdeal unterschreiben, den Trump ihm vorlegt, und hoffen, dass die Waffenlieferungen wieder freigegeben werden – allerdings ohne Sicherheitsgarantien für die Ukraine.“
Am Dienstag zeigte Selenskyj sein „Bedauern“ über den Konflikt mit Trump und signalisierte seine Bereitschaft, den Rohstoff-Deal zu unterzeichnen – ein erster Schritt in diese Richtung?
Doch Masala erklärt in einem Gespräch, dass dieser Schritt für Selenskyj noch nicht das Ende seiner Schwierigkeiten bedeuten würde. Die USA würden weiterhin auf Wahlen in der Ukraine bestehen und hoffen, einen Russland-freundlichen Präsidenten zu installieren.

Laut Masala würde ein „Friedensvertrag“ zwischen Russland und der Ukraine, vermittelt durch die USA, nur solange Bestand haben, wie Trump an der Macht ist. Sollte ein neuer US-Präsident ins Amt kommen, würde Russland die Gelegenheit nutzen, um die Ukraine erneut anzugreifen – und möglicherweise auch die baltischen Staaten oder Moldawien gleich mit.
Politikwissenschaftler Thomas Jäger von der Universität Köln spricht sogar von einer „Jalta-Konferenz 2.0“, bei der die USA und Russland Europa in Einflusszonen aufteilen.
Jäger zweifelt daran, dass Selenskyj und Trump jemals eine Einigung erzielen würden. Stattdessen sieht er im öffentlich ausgetragenen Streit im Oval Office am Freitag den Versuch, einen bereits geplanten US-Waffenstopp öffentlich zu rechtfertigen.
Das bedeutet: Die US-Hilfe wird schrittweise zurückgefahren, und die Ukraine muss sich mit den verbleibenden Ressourcen und der Unterstützung der Europäer verteidigen.

Es ist klar, dass die Europäer militärisch nicht alles ersetzen können, was bislang von den USA bereitgestellt wurde. Besonders in Sachen Aufklärungskapazitäten haben sie nicht die gleichen Möglichkeiten. Zudem fehlen wichtige Lenkflugkörper wie die Patriots, was es Putin ermöglichen könnte, den Beschuss der Großstädte zu verstärken und noch mehr Zerstörung anzurichten, so Masala. Was mit Elon Musks Starlink passiert, ist noch unklar, erklärt Jäger – jedoch könnten die Europäer diese Technologie kurzfristig nicht ersetzen.
Die Einschätzung von Nato-Expertin Stefanie Babst gibt Anlass zur Hoffnung: Anders als Jäger und Masala sieht sie es auch im Fall eines Wegfalls der US-Hilfe als „unwahrscheinlich an, dass Russland größere Geländegewinne erzielt“.
„Wenn die Russen wirklich so stark wären, wie immer wieder behauptet wird, wären sie nicht an dem Punkt, an dem sie sich derzeit befinden, sondern längst weiter im Donbas vorgedrungen“, erklärt sie. „Und sie hätten auch ihre eigene Region Kursk zurückerobern können. Stattdessen machen sie nur sehr kleine Fortschritte, die zu horrenden Kosten an Menschen und Material gehen.“
„In den letzten drei Jahren hat der Westen stets zu spät oder zu wenig geliefert“, erklärt die Nato-Expertin. Dennoch haben die Ukrainer es geschafft, zwei Drittel des Landes zu verteidigen, die Schwarzmeerflotte erheblich zu schwächen (Babst: „Damals haben wir noch darüber diskutiert, ob wir Marder liefern sollen“) und wichtige Ziele in Russland erfolgreich anzugreifen. „Und das alles, während der US-Kongress monatelang neue Hilfen blockierte“, hebt sie hervor.
Für Babst ist es sogar denkbar, dass die Ukraine mit alleiniger europäischer Unterstützung so viel Druck auf Putin ausüben könnte, dass dieser schließlich zu Friedensverhandlungen gezwungen wird.
Babst: „Nur wenn Russland eine richtige blutige Nase bekommt, wird es an den Verhandlungstisch kommen. Ein Regimewechsel in Kiew und die De-facto-Kapitulation der Ukraine, wie es das Trump-Putin-Duo anstrebt, muss Europa gemeinsam mit der Ukraine verhindern. Wenn wir es wollen, können wir das.“